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Das Maß aller Dinge

Aufgeregt, die schmalen Wangen gerötet, hat der Züchter von ihr berichtet. Damals, vor ziemlich genau zwei Jahren. "Dieses Pferd ist das Maß aller Dinge. Dieses Pferd ist der Traum meiner schlaflosen Nächte. Dieses Pferd ... Dieses Pferd!" "Dieses Pferd wäre eines zuviel! Zwei Stuten sind ausreichend!" Der Züchter hat immer wieder verrückte Ideen - die ihn viel Kosten und mir viel Arbeit machen. Die Südtirolerin und das Pony in unserem Stall - die beiden sind doch perfekt für uns. Sie sind alle beide unfassbar brav. Sie strotzen vor Gesundheit und beglücken den Züchter mit guten, gesunden Fohlen! Und das wichtigste - die Kinder können sie beide gut händeln. So brav sind diese beiden Stuten nämlich! Ich lasse den Züchter also weiter träumen und tue es ab. War es nicht kurz zuvor noch dieses eine ganz besondere Fohlen, dass er unbedingt hatte haben müssen? Und davor - war es davor nicht diese unfassbar perfekte Stainz-Tochter gewesen?

"Flüchtling friert nicht!"

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Die halbe Nacht liege ich wach. Das passiert mir nur sehr selten. Und die schlaftaumelnden Gedanken zeichnen Bilder, die schon sehr verblasst sind. Nicht nur in meinen Erinnerungen - sondern generell. Und obwohl wir eigentlich immer noch viele sind, scheinen wir plötzlich ziemlich allein dazustehen. Doch wir haben es warm, sind umgeben von liebenden Menschen und in unserer gewohnten Umgebung. Wir sind in Sicherheit und können uns in das sorgsam bereitete Nest setzen, dass sie für uns erschaffen haben. Das war 1943 ganz anders. Die Mutter der siebenköpfigen Kinderschar litt seit Wochen unter entsetzlichen Zahnschmerzen, das Baby schrie, weil es ständig entweder Bauchweh oder Hunger hatte - oder beides - und die Rückführung der sogenannten "Volksdeutschen" sorgte für Ungewissheit und Angst. Und sie war gezwungen, sich von ihrem Mann und dem ältesten Sohn zu verabschieden. Wie oft haben wir als Kinder und Jugendliche vor dem Bild gesessen, kam es mir heute Nacht in den Sin

Im Nebel ...

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Im Nebel Seltsam, im Nebel zu wandern! Einsam ist jeder Busch und Stein, Kein Baum sieht den andern, Jeder ist allein. Voll von Freunden war mir die Welt, Als noch mein Leben licht war; Nun, da der Nebel fällt, Ist keiner mehr sichtbar. Wahrlich, keiner ist weise, Der nicht das Dunkel kennt, Das unentrinnbar und leise Von allen ihn trennt. Seltsam, Im Nebel zu wandern! Leben ist Einsamsein. Kein Mensch kennt den andern, Jeder ist allein. (H. Hesse, November 1905)

Donnerstag - auf einen Kaffee ... und etwas mehr

L iebevoll streiche ich über die lockige Mähne und das samtweiche, goldene Fell des Haflingerjungen, während der Veterinär schimpft. "Das ist ein verzogener Pflegel, dieser Bengel." Noch einmal fasst der Veterinär dem Haflingerjungen ans Hinterbein und noch einmal lässt der pflegelige Bengel es sofort nach hinten rausschnellen. "Nur bei dir, lieber Doktor! Nur bei dir", sage ich lachend und zer z ause dem Haflingerjungen den Schopf. "Du stichst ihn mit Nadeln, misst Fieber und greifst ihm zwischen die Beine - der Haflingerjunge ist empfindsam. Nichts weiter." Der Veterinär schüttelt den Kopf, während wir den Pflegel in seine kleine Freiheit entlassen und zurück zu unseren Kaffeebechern schlendern, die auf dem Steinmäuerchen in die morgen kühle Herbstluft dampfen. "Du musst dir das Haflingerpferd noch einmal ansehen, Doktor", bestimme ich und weiß, dass der Veterinär gleich mit den Augen rollen wird. "Sie benimmt sich, als hätte sie

Mittwochmorgen - vor Tagesanbruch

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Das lästige Klingeln des Weckers an jedem Morgen hinterlässt ein paar quälende Spuren auf dem Gemüt . Wie sooft liege ich dann im Halbschlaf da und bereue es, den Wecker ganz ausgeschaltet und nicht wenigstens die Schlummerfunktion aktiviert zu habe n . Die Gedanken kreiseln durch die Gegend. Taumeln von links nach recht und drehen sich im Kreis, bis etwas ihnen Halt gibt und mich gänzlich aufwachen lässt. Da es nie schön ist das Bett zu verlassen, kommen kleine Flüche aus meinem Mund, während ich die Bettdecke zurückschlage und meine Füße nach den Hausschuhen tasten. Der Steinboden im Badezimmer ist für nackte, schlafwarme Füße viel zu kalt. Die Stallklamotten liegen bereit und wie an jedem Morgen frage ich mich, wie ich es aushalten soll , jetzt gleich in die morgendliche Herbstkälte zu gehen. Allein bei dem Gedanken fröstelnd , putze ich meine Zähne. Die verflixte elektrische Zahnbürste ist zu dieser frühmorgenträgen Zeit lauter als ich sie ertragen könnte und

Unser Wochenende

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Das Wochenende startet bereits mit dem großen Einkauf am Freitagmorgen.  Da wir alle sehr erkältet sind, habe ich alles für eine Nudelsuppe gekauft und im Anschluss noch einen kleinen Bummel durch die Altstadt genossen. Diese Stadt hat mich in ihren Bann gezogen und ich kann mir kaum vorstellen woanders zu leben. Es ist ein bißchen wie verliebt sein. Wenn ich mit dem Auto über die belebten Straßen fahre, packt mich die Sehnsucht und ich halte irgendwo, um ein wenig herumlaufen zu können. Heute war das Kopfsteinpflaster vor dem Dom regennass und dunkle tiefgraue Wolken ließen noch nichts von dem Sommerwetter erahnen, das uns ab dem Nachmittag verwöhnen würde. Die große Tochter hat sechs Stunden Schule und bringt eine Freundin mit. Kaum, dass wir uns zum Essen setzen, klingelt es und die ersten Nachbarskinder wollen eigentlich nur Infos zu den Hausaufgaben. Doch Nudesuppe ist Kinderessen und - schwups - sitzen sechs Kinder um den Tisch und löffeln die heiße Suppe.

Das Suppenhuhn Holunder

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Das Suppenhuhn Holunder Bei uns lebte das Suppenhuhn Holi, Hola, Holunder, das saß in einem Hollerbusch und wurde täglich runder Kam jemand nun den Weg entlang mit Schwung in jedem Schritte da wurd‘s Holunder gar nicht bang sie zählte dann die Tritte. Bei jedem Zweiten krähte sie (Sie hielt sich für ein Hähnchen) „ der Bauer gab das Futter nie“ und vergoß ein bittres Tränchen. Wer immer da vorüberging an unsrem runden Hühnchen der fand dies sei ein übles Ding und füttert es ein bißchen. Da schmunzelte das Suppenhuhn Holi, Hola, Holunder. klettert in den Hollerbusch und wurde immer runder So fraß Holunder zu jeder Stund die Gaben lieber Leute dann tat sie ihren Frohsinn kund was diese dann erfreute. Doch wird das Suppenhuhn zu dick Tierfreunde lasst‘s Euch sagen bekommt der Hollerbusch nen Knick und kann‘s nicht länger tragen. So kam es wie es nun geschah der Ast am Holler krachte Holunder es nicht ko